Samstag, 20. Juli 2013

Reisetag 6, 19. Juli 2013: Menschenrechte in der Ukraine


Heute ist Freitag, doch es ist noch kein Wochenende in Sicht, denn heute wird nochmals viel für die Broschüre gearbeitet, die gerade Gestalt annimmt.


Gespräch mit
 Dr. Oksana W. Senatrorowa

Frau Dr. Oksana W. Senatorowa berichtet uns von der Verankerung der Menschenrechte in der ukrainischen Verfassung. Jedoch sieht die Realität hierzulande anders aus.
Die Ukraine leidet unter der Korruption, die bei der Miliz und den Gerichten vorherrscht, und immer wieder kommt es zu Menschenrechtsverletzungen. Auch von Folter seitens der Polizei ist hier in der Ukraine immer wieder zu hören, das Rechtssystem deckt oft die Täter. Frau Dr. Senatorowa erklärt uns, dass für eine Verbesserung des Systems in der Ukraine die Gehälter von Polizisten angehoben werden müssten. So würden keine Anreize mehr für Korruption zu bestehen. Darüber hinaus hielte sie es für eine gute Idee, das Personal bei Polizei und Gerichten komplett auszutauschen.


Zum Glück gibt es jetzt sehr gute Pizzen im Nürnberger Haus, damit alle gestärkt zu unserem Nachmittagstreffen mit der ukrainischen Umweltgruppe "Grüne Front" sind.
Oleg Peregon erklärt uns
seine Arbeit bei der "Grünen Front"
Bei der "Grünen Front" wird uns von Umweltaktivisten viel über die Zerstörung des Urwaldes bei Charkiw erzählt. Dort gibt es sehr seltene Tier- und Pflanzenarten, die für immer verloren wären, wenn die wilde Abholzung des Waldes für die Oligarchen-Villen fortgeführt wird. Zum Glück gibt es die "Grüne Front", die sich trotz staatlicher Repressionen und Polizeigewalt dafür einsetzt, dass der Wald für Alle erhalten bleibt.


Unsere Gruppe zusammen
mit der "Grünen Front"
 
Oligarchen-Villa im Wald

 


Freitag, 19. Juli 2013

Unser Projekt ist sogar im ukrainischen Fernsehen!

An unserem 3. Reisetag wurde unsere Gruppe von einem ukrainischem Fernsehteam begleitet. Dieses erstellte aus seinen Filmaufnahmen einen Fernsehbeitrag, der am Abend des 18. Juli 2013 im ukrainischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. So wurden viele Ukrainer über unser Projekt und unser Anliegen informiert. Wir wurden bereits von Zuschauern auf der Straße auf unser Projekt angesprochen; die Resonanz war durchwegs sehr positiv. Diesen Fernsehbeitrag möchten wir euch natürlich nicht vorenthalten!

Reisetag 5, Donnerstag, der 18. Juli 2013: Arbeit, Arbeit, Arbeit...

Es ist der 18. Juli 2013, ein wunderschöner Donnerstag morgen mit blauem Himmel und hohen Temperaturen. Zu aller erst besprechen wir noch einmal den Inhalt und den Aufbau der Broschüre. Es wird eine Gruppe gebildet, welche für das Titelblatt der Broschüre zuständig ist. Nachdem die Arbeitsgruppen gebildet wurden, gibt es einen informativen Vortrag über die Geschichte der Menschenrechte von unserem wohlwollenden Dauerblogkritiker und intellektuellen Lieblingshistoriker Matthias Weiß. Tragisch ist aus unserer Sicht, dass der Mensch erst "nach solchen Akten der Barbarei", wie in der Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte geschrieben steht. In dem Zusammenhang sprechen wir über die Nürnberger Prozesse, die dafür sorgten, dass das erste Mal in der Geschichte die Führung eines Staates für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft gezogen wurden. Des weiteren sprachen wir über die UNO die 1948 mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte eine weltweite Anerkennung universaler Grundrechte erreichte.


Am Nachmittag wird wieder eifrig in den Gruppen gearbeitet und die Arbeiten nehmen allmählich Form an.

Wir bloggen selbstverständlich für euch live aus dem Nürnberger Haus in Charkiw.



Am späten Nachmittag hatten wir nochmals eine historisch tiefgründige Stadtführung von Frau Rempe, Herr Winkel und, selbstverständlich auch Matthias Weiß. Auf diesem Stadtrundgang erfuhren wir viel auch über die Geschichte der Gebäude, insbesondere interessant war die Geschichte des ehemaligen NKWD Gebäudes, da es typisch für die stalinistische Architektur ist und den Stil der 40er Jahre. Auch der Besuch der majestätischen Leninstatue am Platz der Freiheit ist sehr beeindruckend. Am Platz der Freiheit vergleichen wir auch mit dem studierten Architekten Andre Winkel den Baustil unter Lenin mit dem unter Stalin. Stalins Gebäude sind sehr majestätisch und sollen die Macht des Staates symbolisieren, während die Lenins eher Offenheit symbolisieren.

Reisetag 4, 17. Juli 2013: Gedenken an den Krieg

Der heutíge Tag, der 17. Juli 2013 steht ganz im Gedenken an den Zweiten Weltkrieg und dessen Kriegsverbrechen. Der Tag beginnt mit einem Gespräch mit einem ehemaligen Soldaten der Roten Armee, der auf unsere Fragen eingeht und sie ausführlich beantwortet. Seine Erzählungen sind sehr interessant, sie verdeutlichen uns die Grausamkeiten des Krieges sehr anschaulich und überzeugen uns, dass wir alle für ein friedliches Zusammenleben der Völker eintreten müssen. Ein ausführlicher Bericht über dieses sehr spannende Gespräch, kann auf unserem Blog als früherer Eintrag gefunden werden.


Am Nachmittag besuchen wir sowohl ein Memorial für die Opfer des Krieges aus der roten Armee, als auch einen Soldatenfriedhof für die Gefallenen der deutschen Wehrmacht. Das Memorial ist immer am 9. Mai Schauplatz einer Gedenkveranstaltung im Rahmen des Tages des Sieges. Hier steht die "Mutter Heimat", eine beeindruckende Steinstatue. Im Hintergrund wird ein kranker Herzschlag abgespielt, der die Leiden der Mütter während des 2. Weltkrieges symbolisieren soll. Die deutschen Gäste legen als Zeichen der Aussöhnung eine Rose nieder und halten eine Gedenkmintute für die Gefallenen ab, in der die Stille uns alle tief berührt. 


 Gedenkstätte am deutschen Soldatenfriedhof

Nun fahren wir zu dem deutschen Soldatenfriedhof in Charkow, der 1998 von dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eröffnet wurde. Hier liegen 50 000 tote Wehrmachtssoldaten, die ihr Leben an der Ostfront sinnlos lassen mussten.








Jetzt arbeiten alle in ihren Arbeitsgruppen und übersetzen und schreiben. Einige führen auch Interviews mit Charkower Bürgern auf geschichtsträchtigen Plätzen. Die Arbeit an den Interviews und der Broschüre ist schon weit fortgeschritten, wir freuen uns schon darauf, euch unsere Ergebnisse präsentieren zu können.



 Adrian Leißner und Matthias Hippold

Donnerstag, 18. Juli 2013

Reisetag 3, 16. Juli 2013: Beginn des Projektes

Die Teilnehmer des Seminars vor dem Nürnberger Haus
Am heutigen Tage, dem 16. Juli 2013 treffen sich alle Teilnehmer des Seminares im Nürnberger Haus in Charkiw. Zur Auflockerung spielen wir Speeddating, die große Liebe findet zwar niemand, trotzdem lernen sich alle Teilnehmer sehr schnell kennen.






Das Seminar beginnt mit einem sehr spannenden Vortrag des eloquenten Historikers Roman G. Ljubawekij, Aspirant am Lehrstuhl für Geschichte an der Karasin Universität über die deutsche Besetzung der Ukraine. Nach dem schmackhaften 3-Gänge Menü im Restaurant "Karowa" (Kuh), hielt der Geschichtslehrer Matthias Weiß eine interessante Präsentation zum Thema: "Die Wehrmacht in der Ukraine 1941-1944".
Das Grundwissen über die deutsche Besatzung der Ukraine haben wir nun, das zur Bearbeitung des Projektes von Nöten sein wird. 
 
Vortrag von Matthias Weiß
Genosse Lenin lernt
den Kapitalismus kennen
Nach der Präsentation machen wir einen geführten Stadtrundgang quer durch die Innenstadt. Wir besichtigen die bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt, zwar beginnt es gegen Ende der Stadtführung zu regnen, doch dadurch lassen wir uns auf unserem Stadtrundgang durch Charkow selbstverständlich nicht aufhalten. 



Im Anschluss an unseren Stadtspaziergang gibt es für die deutsche Delegation ein opulentes Abendessen in Anwesenheit der deutschen Honorarkonsulin auf Einladung der Stadt Charkiw. Das Essen wird von einem weiß behandschuhten Kellner stimmungsvoll serviert und schmeckt ausgezeichnet. Wir bedanken uns bei den Vertretern der Stadt für die großzügige Einladung. Schade, dass unsere Austauschpartner zu Hause essen müssen. 


Adrian Leißner und Matthias Hippold

Mit Dimitrij Krjatschko auf den Spuren der Vergangenheit



Gruppenfoto mit Rotarmisten
Dimitrij Krjatschko
Zeitzeuge Dimitrij Krjatschko besuchte am zweiten Tag unser Seminar und erzählte uns von seinen Kriegserlebnissen. Mit 16 Jahren sind er und 18 Mitschüler in den Krieg gezogen, mit ihm haben nur zwei seiner Freunde den Krieg überlebt

Am zweiten Tag unseres Aufenthalts in Charkiw hat uns ein Zeitzeuge im Nürnberger Haus besucht und uns seine Erlebnisse geschildert.
Bevor der Vortrag begann, haben wir uns in der Gruppe darüber unterhalten, wie wir uns ihm gegenüber verhalten sollten, zum Beispiel nicht zu lachen und unsere Fragen bedacht zu wählen, um ihn nicht zu verletzten.
Es fiel uns zu Beginn schon auf, dass er sehr stolz war, vor uns sprechen zu dürfen, da er einige Orden auf seinem Jackett trug. Doch erst im Verlaufe des Gesprächs haben wir erfahren, dass er selbst sehr aufgeregt war.
Er begann damit, etwas über sein Leben zu erzählen und beantwortete uns im weiteren Verlauf unsere verschiedenen Fragen ganz offen und ehrlich.
Mit 16 Jahren ist er freiwillig mit 18 Mitschülern in den Krieg gezogen. Bei Kriegsende lebten nur noch zwei und er selbst.
Herr Krjatschko brachte zum Ausdruck, dass er stolz auf seine sozialistische Heimat war und deswegen gerne für sein Land gekämpft hat.
Später bezieht sich eine Frage von uns Jugendlichen speziell auf diese Zeit seines Lebens; nämlich ob er mit seinen jetzigen Erfahrungen wieder so handeln würde wie damals als 16jähriger. Ohne lange nachzudenken bejahte er diese Antwort und erzählte uns, dass er nicht vor all zu langer Zeit in einer ukrainischen Schule war. Dort hat er den Jugendlichen die Frage gestellt, ob sie ebenfalls in den Krieg eingezogen wären. Sie jedoch hätten sich an seiner Stelle anders entschieden. Die Jugendlichen hätten sich lieber von der Polizei verhaften lassen, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen.
Danach ging er auf ein sehr bewegendes Ereignis ein. 2001 hatte er erfahren, dass er laut den Akten bereits seit 60 Jahren tot war! Sein Name war sogar schon an einem Massengrab angebracht worden. Eine Schülerin fragte daraufhin, ob er es in die Wege geleitet hat, seinen Namen nachträglich entfernen zu lassen. Aber seine  Antwort war :„Nein! Ich habe meinen Namen nicht entfernen lassen, da dort auch meine Freunde beigesetzt wurden und mit ihnen auch ein Teil von mir gestorben ist.“
Ob er durch den Krieg schlecht auf die Deutschen zu sprechen sei?
Niemand hatte diese Frage gestellt, Herr Krjatschko beantwortete sie uns trotzdem. Das zeigte uns, wie wichtig es ihm war, uns zu vermitteln, dass er die Deutschen nicht als Feinde ansieht und jeden Menschen akzeptiert. Es gebe auf der Welt gute und schlechte Menschen, das sei jedoch nicht von der Nationalität abhängig!

Zeitzeuge Dimitrij Krjatschko mit seiner Frau

Besonders den Nürnbergern gegenüber hat er eine positive Einstellung, weil in ihrer Stadt jene Prozesse stattgefunden haben, in denen erstmals der „Faschismus“ vor den Augen der Welt angeklagt worden ist. Somit kann man sagen, dass aus Nürnberg das Elend durch die Nürnberger Rassengesetze kam, aber auch dort endete.


In einem  anschließenden Gespräch mit den anderen Seminarteilnehmern wurde klar, dass sie genau wie wir sehr angetan und froh waren, diesen Zeitzeugen getroffen zu haben. Es gibt nicht mehr sehr viele Menschen, die den Krieg miterlebt haben und bereit sind, diese Erlebnisse mit der jungen Generation zu teilen.


Jessica Blank und Katja Schoppe





Mittwoch, 17. Juli 2013

Reisetag 2, 15. Juli 2013: Besichtigung Kiews


Das Holodomor Mahnmal
Heute ist der 15. Juli 2013, wir sind alle zwar noch etwas verschlafen, freuen uns aber schon auf die spannende Erkundung Kiews. Wir frühstücken reichlich leckere Speisen, die nach deutschem Verständnis sehr unüblich für ein Frühstück wären. Hier wird schon in der Früh so wie bei uns am Abend gegessen! Es schmeckt zwar nicht jedem alles, aber insbesondere eine Limonade, die nach Speck schmeckt, war außergewöhnlich! Die ukrainische Pfannkuchen (Bliny) zum Frühstück wären auch daheim bestimmt gerne gesehen.
Alle sind satt und zufrieden, also können wir endlich mit der Stadtbesichtigung beginnen.



traditionell ukrainischer Guslispieler 

 Das St. Michaelskloster und die Sophienkathedrale, beide leuchten in der aufsteigenden Sonne majestätisch durch die vergoldeten Dächer, sind die ersten beiden Sehenswürdigkeiten. Beide sind prachtvoll und zeugen von der byzantinischen Baukunst. Besonders wichtig und doch unscheinbar ist die Holodomor Gedenkstätte für die Millionen Verhungerten der großen Hungersnot von 1932–1933. 

Der Holodomor war die systematische Aushungerung der Ukraine durch Stalins Politik mit ca. 3,5 Millionen Toten.

Unsere Reisegruppe
vor der Sophienkathedrale


Reisegruppe im Büro von Chesno

Jetzt besuchen wir Menschenrechtsaktivisten in der Ukraine, die in den NGOs "Chesno" und "Amnesty International" organisiert sind. Sie berichten über ihr ehrenhaftes Engagement für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie. Zwar sind die staatlichen Repressionen nicht so groß wie in Rußland, dennoch sind auch sie Unterdrückungen ausgesetzt, erklärt uns
Svitlana Zalishchuk.




 Treffen mit einem Vertreter von Amnesty International

 
Das Denkmal an der Gedenkstätte Babyn Jar

Nun fahren wir zur Gedenkstätte Babyn Jar, um den 33 700 ermordeten Juden an dieser Stelle zu gedenken. Wir gehen ein kleines Stück in die Schlucht. Der unglaubliche Massenmord ist unvorstellbar für uns. Jetzt ist Babyn Jar eine ruhige und bewaldete Schlucht, in der immer wieder Kreuze und Gedenkstätten aufzufinden sind, die an das große Verbrechen von 1941 erinnern. Dies war die erste große systematische Erschießung der gesamten jüdischen Bevölkerung Kiews in der Geschichte des "Dritten Reiches". Die Erklärungen einer ukrainischen Geschichtsexpertin sind sehr interessant und bedrückend zugleich.

Nach dem Mittagessen fahren wir auf den Andresasabhang, der ukrainische Montmartre, von dem wir einen schönen Ausblick auf die Stadt haben. Bei den fliegenden Händlern gab es allerlei Souvenirs und Kunsthandwerk zu kaufen. Wir treffen uns gemeinsam unten am Hang und genießen noch kurz die letzten Minuten in Kiew, bevor wir uns zum Bahnhof aufmachen. Wir sind alle schon sehr müde und freuen uns auf die lange Fahrt nach Charkiw, die die meisten für ein Nickerchen verwenden.

Am Bahnhof werden alle von ihren sehr sympatischen Gastfamilien empfangen und nach Hause gebracht. Den Schlaf haben sich alle Teilnehmer wirklich verdient.

Adrian Leißner und Matthias Hippold

Reisetag 1, 14. Juli 2013: Anreise nach Kiew

Am Sonntag, den 14. Juli 2013 fahren wir von Nürnberg mit dem Zug nach München, von dort geht's mit dem Flugzeug nach Kiew. Vom Hostel aus haben wir einen Ausblick auf den Majdan Nesaleschnosti (Platz der Unabhängigkeit) und flanieren am Abend im Rahmen eines kleinen Abendspaziergangs durch die zentrale Straße der Stadt (Chreschtschatyk). Besonderes muss ich hier Ilya und Tanja Zhekalov  erwähnen, die uns ausgezeichnet durch Kiew führen und betreuen.
Wir alle freuen uns auf eine interessante und informationsreiche Woche voller spannender Ereignisse. Die Vorfreude auf die Gastfamilien die wir Morgen treffen werden steigt!


Blick auf Kiew aus dem Flugzeug
















Sicht auf den Majdan Platz aus dem Hostelzimmer














Adrian Leißner und Matthias Hippold